19.03.2013

Zugfahrt Moskau - Astana (Vorwort und Zustieg in Moskau)



Vorwort

Ab und an ergeben sich aufgrund einzelner Ereignisse die besten Ideen. So nahmen wir uns (vier junge Herren sportlicher Gestalt) das Länderspiel zwischen Kasachstan und Deutschland zum Anlass für eine Fussballreise der etwas anderen Art. Ausschlaggebend hierfür war aber insbesondere die Tatsache, dass eines unserer Reisemitglieder Astana - die Hauptstadt Kasachstans und gleichzeitig das Ziel unserer Reise - bereits in der Vergangenheit mit dem Flugzeug angesteuert hat und Lust auf etwas Abwechslung hatte. So machten wir uns über alternative Reisemittel Gedanken und es überkam uns relativ schnell der Gedanke von Moskau nach Astana mit dem Zug zu fahren.

Hierbei muss allerdings erwähnt werden, dass der kasachische Fussballverband uns unserer Vorfreude ein Stück weit beraubt hatte und den ursprünglichen Spielort von Almaty nach Astana verlegte. Diese durchaus zweifelhafte Entscheidung die wohl eher finanziellen und vorallem politischen Einflussfaktoren unterlag (Astana ist erst seit 1997 die Hauptstadt Kasachstans und auch der Sitz und somit auch der Spielplatz des kasachischen Diktators), wurde mit dem Risiko der eventuell schlechten Platzverhältnisse aufgrund der Witterungsbedingungen argumentiert. Dass es zu der Jahreszeit aber durchaus frühlingshafte Temperaturen in Almaty hat und in Astana eher winterliche Verhältnisse spielte bei der Entscheidung auch eher eine untergeordnete Rolle (eine Multifunktionsarena mit Kunstrasen war wohl in den letzten Jahren die kleinste Investition im Vergleich zu den restlichen imposanten und eher künstlichen Gebäuden der Stadt). Da wir allerdings zunächst unseren Rückflug von Almaty über Moskau und Düsseldorf nach Stuttgart gebucht haben, mussten wir uns um einen zusätzlichen Flug von Astana nach Almaty bemühen und dort im Anschluss an das Spiel mit einer Nacht am Flughafen begnügen. Das Resultat war eine Rückreise von insgesamt 34 Stunden.

Die Entscheidung des kasachischen Fussballverbandes hatte aber auch einen durchaus positiven Aspekt, welcher dazu führte, dass die getrübte Stimmung schnell in Vergessenheit geriet. So wurde uns ein weiterer Tag in Moskau geschenkt und bescherte uns einen interessanten Einblick in das Treiben einer der schönsten, imposantesten und geschichtsträchtigsten Metropolen der Welt. Zugegeben, über die Stimmung und die Wirkung dieser Stadt kann ein Buch geschrieben werden. Eine Reise nach Moskau ist absolut empfehlenswert und stellt ein absolutes Muss für jeden Reisenden mit einer gewissen Affinität zu osteuropäischen Metropolen dar und bietet unvergessliche Einblicke in die kommunistische Vergangenheit des größten Landes der Welt. Im Nachhinein könnte ich mir jedoch keinen schöneren Ort als Startpunkt für diese Länderspielreise vorstellen.


Ankunft am Bahnhof, Abfertigung und Abfahrt

Die Tickets für Zugfahrten von und in osteuropäische Städte und Länder können problemlos in deutsch-russischen Reisebüros gebucht werden. Dies ist auch deshalb empfehlenswert, weil man für Russland und Kasachstan jeweils Visa benötigt und diese billiger bei solchen Reisebüros beantragen kann als bei irgendwelchen Internetanbietern. Die Tickets können circa zwei Monate vorher gebucht werden und müssen vor Ort am Bahnhof ausgedruckt werden. Die Reisenden bekommen zunächst jeweils ein Voucher mit einer Buchungsnummer, die am Automaten vor Ort zusätzlich zur Reisepassnummer angegeben werden muss. Die Zugfahrt startete vom Moskauer Bahnhof "kazanskiy vokzal" welcher im Nordosten Moskaus liegt und problemlos mit dem U-Bahn-Netz erreicht werden kann. Da sich an diesem Bahnhof zwei Metrostationen kreuzen muss man je nachdem von welcher Richtung man kommt, an das andere Ende des Bahnhofs laufen. Die Ticketautomaten der Zuggesellschaft sind nicht gesondert ausgeschrieben - was ohnehin eher belanglos wäre, da die Beschilderung am Bahnhof ausführlich in kyrillisch gehalten ist - und befinden sich in der Haupthalle die von außerhalb des Bahnhofs besser zu finden ist, als wenn man schon im Bahnhof drin ist und sich inmitten des Treibens der einheimischen Pendler befindet. Dies ist aber der erste Moment wo die russische Gastfreundschaft hervorgehoben werden muss. So fanden wir schnell eine ältere Dame an einem Informationsschalter die uns ohne zu zögern in Richtung der richtigen Halle geleitet hat. Das Ausdrucken am Automaten geht problemlos auch auf Englisch. Das Gleis an dem der Zug abfährt, wird circa drei Stunden vor Abfahrt bekannt gegeben und befindet sich unweit der Automaten in der Haupthalle.
 



Da der Zug frühzeitig vor der Abfahrt in Moskau ankam konnten wir schon knapp 45 Minuten vor Abfahrt unsere Räumlichkeiten beziehen. Zunächst wollten wir uns aber mit genügend Proviant eindecken. Hierfür bietet ein Supermarkt linker Hand vor dem Eingang des Hauptgebäudes die perfekte Möglichkeit. Dieser Supermarkt kann kaum übersehen werden, ist 24 Stunden geöffnet und wird von einer Hand voll Herren mittleren Alters und ebenso von sportlicher Gestalt bewacht. Da wir unsere Rucksäcke nicht mit in den Laden nehmen durften, haben wir uns mit den Einkäufen abgewechselt und erkannten relativ schnell den Grund für die reichliche Bewachung des Supermarkts. Es kamen immer wieder angetrunkene russische Freunde zum Nachbarschaftstreffen ins Gebäude und wurden schnell aus demselbigen verwiesen. Sie erhofften sich wohl Zugang zur lokalen Schnapssammlung. Nachdem wir uns mit ausreichend Brot, Wurst, Fischdosen, Wasser und Vodka eingedeckt hatten, ging es endlich zum Gleis und die Reise mit dem Zug konnte allmählich beginnen.

Wir hatten uns ein Schlafabteil für vier Personen gebucht, welches sich gleich im ersten Waggon befand. Die Tickets werden direkt am Eingang von einer älteren kasachischen Dame und ihrem Begleiter kontrolliert. Nachdem den Beiden klar war, dass wir aus Deutschland kommen und auf dem Weg zum Länderspiel nach Kasachstan sind, wurden wir mit Handschlag begrüßt und darauf hingewiesen, dass für beide Parteien ein Unentschieden das richtige Ergebnis sei. Es stellte sich später heraus, dass die ältere Dame (im weiteren Verlauf Abteilungsmama genannt) und ihr Begleiter in unserem Waggon wohnten und gleichzeitig für unser Wohlbefinden zuständig waren.

Der Zug und die Ausstattung

Der Zug ist stark im osteuropäischen Stil gehalten und der gezierte Teppich im Gang vor unserem Schlafabteil erinnert stark an Omas Wohnzimmer vergangener Tage. Die Zimmer sind sehr sauber und augenscheinlich frisch gereinigt. Es befinden sich jeweils zwei ausgeklappte Betten auf beiden Seiten. Auf den Betten liegen jeweils Matratzen zum Ausrollen, ein Kopfkissen und eine Wolldecke (letztere ist aufgrund der Temperatur aber absolut überflüssig, dazu aber später mehr). Kurz nach Abfahrt wird einem eine Tüte mit einem Hand- und einem Leintuch verteilt. Bei der Nutzung des Handtuchs sollte man eher vorsichtig sein, da diese wohl nicht allzu gründlich gereinigt werden. So konnten wir bei einem letzte Überreste körperlicher Ausscheidungen feststellen, worüber man sich besser keine tieferen Gedanken machen sollte. Vor unserem Schlafabteil befand sich eine Steckdose wofür keine separater Adapter notwendig war. Die Steckdose reicht allerdings vollkommen aus, da man sie den ganzen Tag im Blick hat und nutzen kann. Die Toilette befindet sich am anderen Ende des Ganges auf der linken Seite vor einer Tür, die den Eingang zum Raucherzimmer darstellt. In der Toilette findet man ein Waschbecken mit fließend kaltem Wasser, mit welchem oberflächliche körperliche Reinigungen durchgeführt werden können. Eine Dusche im Zug gibt es nicht. Das Klo ist selbstverständlich nicht mit demselbigen in einen Fünf-Sterne-Hotel vergleichbar, erfüllt jedoch seinen Zweck und wird mittels Fußpedal direkt auf das Gleis entleert. Im Zimmer gibt es ausreichend Stauraum unter den beiden unteren Betten und oben in der Wand in Richtung Gang. So können sich alle vier Parteien ein kleines Lager schaffen, welches absolut ausreichend ist und dafür sorgt, dass der ohnehin eher überschaubare Platz nicht unnötig vollgestellt werden muss. Richtung Fenster befindet sich ein Tisch, der zur Ablage und oder zu Essen genutzt werden kann. Es ist zu empfehlen, dass man sich im Vorfeld zur Reise den Fahrplan ausdruckt, welcher im Abteil aufgehängt werden kann und alle Abfahrtszeiten der Zwischenhalte enthält. Generell ist man im Laufe der Zeit froh um jegliche Orientierung (der Reiseplan kann über die Homepage der deutschen Bahn ausgedruckt werden). Die Aufenthaltsorte samt Zeiten hängen auch im Gang aus, es ist aber ganz gut wenn man einen Vergleich hat der nicht in Kyrillisch geschrieben ist.

Sofern man irgendwelche Fragen hat oder generell Hilfe benötigt, kann jederzeit auf die Abteilungsmama zugegangen werden. Sie ist nicht nur zur Reinigung des Waggons vor Ort zuständig, sondern hilft bei allen Fragen, kümmert sich darum dass das Abteil im ausreichen warm ist (warm ist hierbei aber fast untertrieben, nachts ist es phasenweise extrem warm und das Tragen eines T-Shirts wird eher überflüssig - Tipp: Kurze Hose auch im Winter mitnehmen, absolut ausreichend!) und versorgt und reinigt die Toilette. Am Ende des Waggons befindet sich ein kleiner Ofen, der von ihr kontinuierlich mit Kohle befüllt und heiß gehalten wird. Daran befindet sich ein kleiner Hahn, woraus man sich jederzeit heißes Wasser ablassen kann. Es empfiehlt sich Kaffeepulver oder Tee in den Zug mitzunehmen, so ist jederzeit für warme Getränke gesorgt. Auf Nachfrage kann man sich von der Abteilungsmama auch eine kleine Teekanne geben lassen und diese auf dem Ofen abstellen.

Die einzelnen Waggons werden nachts abgeschlossen. So wird vermieden, dass einzelne Personen durch den Zug wandern und sich unerlaubt Zugang zu Räumen verschaffen. Tagsüber sind jedoch alle Waggons erreichbar, so befindet sich ein paar Wagen weiter auch ein Speisewagen. Die Versorgung im Zug wird zusätzlich von einer älteren Dame mit beeindruckenden goldenen Zahnreihen übernommen, die nahezu stündlich am Abteil vorbeiläuft und einen kleine Wagen vor sich herschiebt. Es ist aber sinnvoll auf Einkäufe bei ihr zu verzichten, da diese viel zu teuer sind und es sich einem ausreichend Möglichkeiten bieten an Bahnhöfen einzukaufen.





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