Vorwort
Ab und an ergeben sich aufgrund
einzelner Ereignisse die besten Ideen. So nahmen wir uns (vier junge Herren
sportlicher Gestalt) das Länderspiel zwischen Kasachstan und Deutschland zum
Anlass für eine Fussballreise der etwas anderen Art. Ausschlaggebend hierfür
war aber insbesondere die Tatsache, dass eines unserer Reisemitglieder Astana -
die Hauptstadt Kasachstans und gleichzeitig das Ziel unserer Reise - bereits in
der Vergangenheit mit dem Flugzeug angesteuert hat und Lust auf etwas Abwechslung hatte. So machten wir uns über alternative
Reisemittel Gedanken und es überkam uns relativ schnell der Gedanke
von Moskau nach Astana mit dem Zug zu fahren.
Hierbei muss allerdings erwähnt
werden, dass der kasachische Fussballverband uns unserer Vorfreude ein Stück
weit beraubt hatte und den ursprünglichen Spielort von Almaty nach Astana verlegte. Diese durchaus zweifelhafte Entscheidung die wohl eher finanziellen und
vorallem politischen Einflussfaktoren unterlag (Astana ist erst seit 1997 die
Hauptstadt Kasachstans und auch der Sitz und somit auch der Spielplatz des
kasachischen Diktators), wurde mit dem Risiko der eventuell schlechten
Platzverhältnisse aufgrund der Witterungsbedingungen argumentiert. Dass es zu
der Jahreszeit aber durchaus frühlingshafte Temperaturen in Almaty hat und in
Astana eher winterliche Verhältnisse spielte bei der Entscheidung auch eher eine
untergeordnete Rolle (eine Multifunktionsarena mit Kunstrasen war wohl in den
letzten Jahren die kleinste Investition im Vergleich zu den restlichen
imposanten und eher künstlichen Gebäuden der Stadt). Da wir allerdings zunächst
unseren Rückflug von Almaty über Moskau und Düsseldorf nach Stuttgart gebucht
haben, mussten wir uns um einen zusätzlichen Flug von Astana nach Almaty
bemühen und dort im Anschluss an das Spiel mit einer Nacht am Flughafen
begnügen. Das Resultat war eine Rückreise von insgesamt 34 Stunden.
Die Entscheidung des kasachischen Fussballverbandes hatte aber auch
einen durchaus positiven Aspekt, welcher dazu führte, dass die getrübte Stimmung schnell in
Vergessenheit geriet. So wurde uns ein weiterer Tag in Moskau geschenkt und
bescherte uns einen interessanten Einblick in das Treiben einer der schönsten,
imposantesten und geschichtsträchtigsten Metropolen der Welt. Zugegeben, über
die Stimmung und die Wirkung dieser Stadt kann ein Buch geschrieben werden.
Eine Reise nach Moskau ist absolut empfehlenswert und stellt ein absolutes Muss
für jeden Reisenden mit einer gewissen Affinität zu osteuropäischen Metropolen
dar und bietet unvergessliche Einblicke in die kommunistische Vergangenheit des
größten Landes der Welt. Im Nachhinein könnte ich mir jedoch keinen
schöneren Ort als Startpunkt für diese Länderspielreise vorstellen.
Ankunft am Bahnhof, Abfertigung und Abfahrt
Die Tickets für Zugfahrten von
und in osteuropäische Städte und Länder können problemlos in deutsch-russischen
Reisebüros gebucht werden. Dies ist auch deshalb empfehlenswert, weil man für
Russland und Kasachstan jeweils Visa benötigt und diese billiger bei solchen
Reisebüros beantragen kann als bei irgendwelchen Internetanbietern. Die Tickets
können circa zwei Monate vorher gebucht werden und müssen vor Ort am Bahnhof
ausgedruckt werden. Die Reisenden bekommen zunächst jeweils ein Voucher mit
einer Buchungsnummer, die am Automaten vor Ort zusätzlich zur
Reisepassnummer angegeben werden muss. Die Zugfahrt startete vom Moskauer
Bahnhof "kazanskiy vokzal" welcher im Nordosten Moskaus liegt und problemlos mit
dem U-Bahn-Netz erreicht werden kann. Da sich an diesem Bahnhof zwei
Metrostationen kreuzen muss man je nachdem von welcher Richtung man kommt, an
das andere Ende des Bahnhofs laufen. Die Ticketautomaten der Zuggesellschaft
sind nicht gesondert ausgeschrieben - was ohnehin eher belanglos wäre, da die
Beschilderung am Bahnhof ausführlich in kyrillisch gehalten ist - und befinden
sich in der Haupthalle die von außerhalb des Bahnhofs besser zu finden ist, als
wenn man schon im Bahnhof drin ist und sich inmitten des Treibens der
einheimischen Pendler befindet. Dies ist aber der erste Moment wo die russische
Gastfreundschaft hervorgehoben werden muss. So fanden wir schnell eine ältere
Dame an einem Informationsschalter die uns ohne zu zögern in Richtung der
richtigen Halle geleitet hat. Das Ausdrucken am Automaten geht problemlos auch
auf Englisch. Das Gleis an dem der Zug abfährt, wird circa drei Stunden vor
Abfahrt bekannt gegeben und befindet sich unweit der Automaten in der
Haupthalle.
Da der Zug frühzeitig vor der
Abfahrt in Moskau ankam konnten wir schon knapp 45 Minuten vor Abfahrt unsere
Räumlichkeiten beziehen. Zunächst wollten wir uns aber mit genügend Proviant
eindecken. Hierfür bietet ein Supermarkt linker Hand vor dem Eingang des
Hauptgebäudes die perfekte Möglichkeit. Dieser Supermarkt kann kaum übersehen
werden, ist 24 Stunden geöffnet und wird von einer Hand voll Herren mittleren
Alters und ebenso von sportlicher Gestalt bewacht. Da wir unsere Rucksäcke nicht mit in den Laden nehmen durften,
haben wir uns mit den Einkäufen abgewechselt und erkannten relativ schnell den
Grund für die reichliche Bewachung des Supermarkts. Es kamen immer wieder
angetrunkene russische Freunde zum Nachbarschaftstreffen ins Gebäude und wurden
schnell aus demselbigen verwiesen. Sie erhofften sich wohl Zugang zur lokalen
Schnapssammlung. Nachdem wir uns mit ausreichend Brot, Wurst, Fischdosen,
Wasser und Vodka eingedeckt hatten, ging es endlich zum Gleis und die Reise mit dem Zug
konnte allmählich beginnen.
Wir hatten uns ein Schlafabteil
für vier Personen gebucht, welches sich gleich im ersten Waggon befand. Die
Tickets werden direkt am Eingang von einer älteren kasachischen Dame und ihrem
Begleiter kontrolliert. Nachdem den Beiden klar war, dass wir aus Deutschland kommen und auf dem
Weg zum Länderspiel nach Kasachstan sind, wurden wir mit Handschlag begrüßt und
darauf hingewiesen, dass für beide Parteien ein Unentschieden das richtige
Ergebnis sei. Es stellte sich später heraus, dass die ältere Dame (im weiteren
Verlauf Abteilungsmama genannt) und ihr Begleiter in unserem Waggon wohnten und
gleichzeitig für unser Wohlbefinden zuständig waren.
Der Zug und die Ausstattung
Der Zug ist stark im
osteuropäischen Stil gehalten und der gezierte Teppich im Gang vor unserem
Schlafabteil erinnert stark an Omas Wohnzimmer vergangener Tage. Die Zimmer
sind sehr sauber und augenscheinlich frisch gereinigt. Es befinden sich jeweils
zwei ausgeklappte Betten auf beiden Seiten. Auf den Betten liegen jeweils
Matratzen zum Ausrollen, ein Kopfkissen und eine Wolldecke (letztere ist
aufgrund der Temperatur aber absolut überflüssig, dazu aber später mehr). Kurz
nach Abfahrt wird einem eine Tüte mit einem Hand- und einem Leintuch verteilt.
Bei der Nutzung des Handtuchs sollte man eher vorsichtig sein, da diese wohl
nicht allzu gründlich gereinigt werden. So konnten wir bei einem letzte
Überreste körperlicher Ausscheidungen feststellen, worüber man sich besser
keine tieferen Gedanken machen sollte. Vor unserem Schlafabteil befand sich
eine Steckdose wofür keine separater Adapter notwendig war. Die Steckdose
reicht allerdings vollkommen aus, da man sie den ganzen Tag im Blick hat und
nutzen kann. Die Toilette befindet sich am anderen Ende des Ganges auf der linken
Seite vor einer Tür, die den Eingang zum Raucherzimmer darstellt. In der
Toilette findet man ein Waschbecken mit fließend kaltem Wasser, mit welchem
oberflächliche körperliche Reinigungen durchgeführt werden können. Eine Dusche
im Zug gibt es nicht. Das Klo ist selbstverständlich nicht mit demselbigen in
einen Fünf-Sterne-Hotel vergleichbar, erfüllt jedoch seinen Zweck und wird
mittels Fußpedal direkt auf das Gleis entleert. Im Zimmer gibt es ausreichend
Stauraum unter den beiden unteren Betten und oben in der Wand in Richtung Gang.
So können sich alle vier Parteien ein kleines Lager schaffen, welches absolut
ausreichend ist und dafür sorgt, dass der ohnehin eher überschaubare Platz
nicht unnötig vollgestellt werden muss. Richtung Fenster befindet sich ein
Tisch, der zur Ablage und oder zu Essen genutzt werden kann. Es ist zu
empfehlen, dass man sich im Vorfeld zur Reise den Fahrplan ausdruckt, welcher
im Abteil aufgehängt werden kann und alle Abfahrtszeiten der Zwischenhalte
enthält. Generell ist man im Laufe der Zeit froh um jegliche Orientierung (der
Reiseplan kann über die Homepage der deutschen Bahn ausgedruckt werden). Die
Aufenthaltsorte samt Zeiten hängen auch im Gang aus, es ist aber ganz gut wenn
man einen Vergleich hat der nicht in Kyrillisch geschrieben ist.
Sofern man irgendwelche Fragen
hat oder generell Hilfe benötigt, kann jederzeit auf die Abteilungsmama
zugegangen werden. Sie ist nicht nur zur Reinigung des Waggons vor Ort zuständig, sondern
hilft bei allen Fragen, kümmert sich darum dass das Abteil im ausreichen warm
ist (warm ist hierbei aber fast untertrieben, nachts ist es phasenweise extrem
warm und das Tragen eines T-Shirts wird eher überflüssig - Tipp: Kurze Hose
auch im Winter mitnehmen, absolut ausreichend!) und versorgt und reinigt die Toilette.
Am Ende des Waggons befindet sich ein kleiner Ofen, der von ihr kontinuierlich mit Kohle befüllt und heiß gehalten wird. Daran befindet sich
ein kleiner Hahn, woraus man sich jederzeit heißes Wasser ablassen kann. Es
empfiehlt sich Kaffeepulver oder Tee in den Zug mitzunehmen, so ist jederzeit
für warme Getränke gesorgt. Auf Nachfrage kann man sich von der Abteilungsmama
auch eine kleine Teekanne geben lassen und diese auf dem Ofen abstellen.
Die einzelnen Waggons werden
nachts abgeschlossen. So wird vermieden, dass einzelne Personen durch den Zug
wandern und sich unerlaubt Zugang zu Räumen verschaffen. Tagsüber sind jedoch
alle Waggons erreichbar, so befindet sich ein paar Wagen weiter auch ein
Speisewagen. Die Versorgung im Zug wird zusätzlich von einer älteren Dame mit
beeindruckenden goldenen Zahnreihen übernommen, die nahezu stündlich am Abteil
vorbeiläuft und einen kleine Wagen vor sich herschiebt. Es ist aber sinnvoll auf Einkäufe bei ihr zu verzichten, da diese viel zu teuer sind und es sich einem ausreichend Möglichkeiten bieten an Bahnhöfen
einzukaufen.
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